Honigbiene beim Sammeln

Fleißige Bienen statt Heuschrecken 1/3

Vorspann

Wer glaubt, Private Equity sei für jeden zu haben, der irrt. Die Kapitalgeber haben klare Vorstellungen, unter welchen Konstellationen sie in eine Firma einsteigen. Was Private Equity-Manager wollen – und was nicht. Ein Insiderbericht in drei Teilen. Wir starten mit Teil eins.

Frage: Würden Sie jemandem Ihr Geld geben, der damit nur seinen persönlichen Profit maximiert und nicht in Ihrem Sinne damit arbeitet?
Frage: Würden Sie sich wohl fühlen, wenn Sie in der Minderheit wären und keine sichere Chance hätten, Ihre Interessen durchzusetzen?
Frage: Ist es nachzuvollziehen, dass ein Investment-Manager einen ähnlichen Abwägungsprozess durchmacht wie ein Unternehmer, der seine Firma verkauft, nur spiegelbildlich?
Frage: Spiegelbild?

Herbert Seggewiss

Herbert Seggewiss ist Autor des Textes

Aber von vorn.

Aus Sicht des Unternehmers gibt es einige nahe liegende Situationen, in denen es sich für ihn anbietet, das Gespräch mit einer Beteiligungsgesellschaft zu suchen: kein Nachfolger für die Unternehmensführung, die Veräußerung einer Sparte, das Ausbezahlen eines Minderheitsgesellschafter, Bedarf an frischem Kapital für Wachstum, und mehr und mehr auch das Auslaufen alternativer Finanzierungsmodelle wie Mezzanine sowie der zunehmende Bedarf an Restrukturierung.

Banken gehen da häufig nicht mehr mit, das zeichnet sich immer stärker ab. Aber auch mit Private Equity ist es nicht ganz so einfach. Um es kurz zu machen: Die Tatsache allein, dass ein Unternehmer sich wie mühsam auch immer dazu durchgerungen hat, eine Beteiligungsgesellschaft ins Boot zu holen, heißt noch lange nicht, dass die daran auch Interesse hat.

Wer erfolgreich mit einem Private Equity Fonds verhandeln will, muss deren Interessenlage und Zielsetzungen, deren Herangehensweise und Arbeitsweise verstehen. Salopp formuliert: wie die Gegenseite tickt oder, etwas eleganter, deren Raison d’etre. Und das ist knapp gesagt: Unternehmen zu erwerben, deren Wert gemeinsam mit der Geschäftsführung zu steigern, und den Gewinn dann irgendwann im Rahmen eines Verkaufs – sprich Exit – zu realisieren. Dabei geht es nicht nur um Geld, sondern auch um den guten Ruf vor allem bei den eigenen Investoren aber auch in der Unternehmenswelt. Beides ist nicht bei jeder Konstellation zu erreichen. Private Equity ist deshalb nicht in jedem Fall und nicht für jeden zu haben.

Private Equity: Rückkehr der Langeweile – und des Profits

Noch bis in die neunziger Jahre hinein war Private Equity in Deutschland als „Kapitalbeteiligung“ ein Begriff. Angeboten wurden Eigenkapitalbeteiligungen häufig von spezialisierten Bankentöchtern, die entweder stille Beteiligungen oder Minderheitsbeteiligungen für profitable Mittelständler bereitstellten. Konzerne, damals noch in der Deutschland AG mit Großbanken einträchtig verbandelt, vertrauten auf die Zeichnung von Kapitalerhöhungen oder Umplatzierung und Übernahme von Anteilen durch die Finanzinstitute. Kurz vor der Jahrtausendwende sprach man übergreifend von „Venture Capital“, weil die Bereitstellung von Eigenkapital für Jungunternehmen, die mit Verlust arbeiteten und sich somit nicht für Fremdkapital qualifizieren konnten, ein ausgesprochen gutes Geschäft war.

Nach dem rapiden Werteverlust von Technologieunternehmen und der Rückbesinnung auf das vermeintlich langweiligere Geschäft, profitablen Unternehmen Eigenkapital im Austausch für Gesellschaftsanteile bereitzustellen, setzte sich für diese Art der Eigenkapitalfinanzierung der Begriff „Private Equity“ durch. Der Fokus liegt heute auf dem Kauf von Unternehmen im Rahmen von Buyouts sowie der Bereitstellung von Wachstumskapital für etablierte Unternehmen im Zuge von Kapitalerhöhungen.

Die zunehmende Bedeutung von Private Equity auch in Deutschland lässt sich anhand folgender Zahlen recht gut beschreiben: Jedes Jahr werden laut dem Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften mehrere Milliarden Euro von Kapitalbeteiligungsgesellschaften in Deutschland investiert. Im Jahr 2009 arbeiteten rund 1,2 Millionen Menschen in Unternehmen, die Private Equity finanziert sind und 195 Milliarden Euro Umsatz machten (Quelle: BVK Jahresstatistik 2009). Was in der Öffentlichkeit häufig übersehen wird: Private-Equity-finanzierte Unternehmen wachsen nach verschiedenen Untersuchungen stärker als die nicht private-equity-finanzierten.

Die Branche vergisst nichts

Das Interesse von Private Equity-Fonds ist schnell mit einer sehr spitzen Zielpyramide skizziert: das investierte Kapital soll sich möglichst vervielfachen. Bezieht man die Dimension Zeit mit ein, lautet das Oberziel, eine maximale Rendite auf das von Investoren dem Private Equity Fonds zeitlich befristet zur Verfügung gestellte und abgerufene Kapital zu erreichen. Es steht mithin bisweilen die Abwägung an, ob es nicht sinnvoller ist, ein Unternehmen früher als geplant wieder zu verkaufen, auch wenn man sich eine weitere Wertsteigerung entgehen lässt.

Aber ganz so eindimensional und verkürzt ist die Interessenlage der Investment Manager dann doch nicht. Zumal eine Wertsteigerung nicht einfach so aus dem Nichts kommt, sondern hart erarbeitet werden muss. Dieses Geschäft ist langfristig. Die Fixkosten beim Eingehen einer Beteiligung sind hoch, man denke nur an Prüfungs- und Anwaltskosten, Bank- und Notargebühren. Die Private Equity-Gesellschaft möchte zu dem Wachstum des Unternehmens beitragen: In aller Regel werden Sachanlageinvestitionen forciert, man treibt die Internationalisierung voran oder kauft andere Unternehmen dazu. Das alles sichert Arbeitsplätze – und macht die Beteiligung wertvoller.

Insolvenzen oder sich schlecht entwickelnde Engagements, die man nur mit Verlust und häufig erst zum Ende der Laufzeit eines Fonds veräußern kann, drücken die Rendite und verschlechtern den „Track Record“. Mit anderen Worten: den Leistungsnachweis, auf dessen Basis Investment Manager bei ihren Investoren Geld einwerben, also bei Dachfonds, Versicherungen, Family Offices und Vermögensverwaltern. Ziel ist, mit einem ausgewogenen Portfolio langfristig erfolgreich zu wirtschaften und sich so einen guten Ruf bei Investoren, Wettbewerbern, aber auch Unternehmern, Banken und der interessierten Öffentlichkeit zu erarbeiten.

Diese Branche vergisst nichts, auch wenn man über vieles nicht spricht. Viele der 1.110 Personen die laut der BVK-Statistik aus dem Jahr 2009 in Deutschland Private Equity betreiben, kennen einander. Man bleibt gern in dieser Branche: Die Arbeit ist ungemein abwechslungsreich, häufig spannend, nicht selten stressig und erschöpfend, aber sehr befriedigend. Und die Verdienstmöglichkeiten sind gut. Das Fixgehalt und möglicherweise ein Bonus sind nur eine Komponente der Gesamtkompensation. Wofür man insbesondere arbeitet (neben gesellschaftlicher Anerkennung und insbesondere im Venture Capital-Bereich dem Gefühl, ethisch zu investieren und Jungunternehmen groß zu machen) ist der so genannte „Carried Interest“. Von dem Gewinn, den ein Private Equity Fonds nach Rückzahlung aller Kosten, aller bereits vereinnahmten Gebühren und nach Auszahlung einer Vorzugsverzinsung für die Investoren noch erzielt, verbleibt ein bestimmter Prozentsatz bei den Investment Managern. Wenn der gesamte Fonds gut investiert hat, können so beachtliche Beträge für den Investment-Professional übrig bleiben.

Was ein Investment Manager können muss

Das Erreichen der hochgesteckten Ziele setzt aber voraus, daß der Investment Manager sein Handwerk gut beherrscht. Und das heißt erstens: Er muss über ein eng gewobenes Netz an Kontakten zu M&A-Beratern, Anwälten, Wirtschaftsprüfern, Unternehmensberatern und Unternehmern zu verfügen, die einem eine Unmenge an Beteiligungsmöglichkeiten und interessanten Unternehmen aufzeigen.

Zweitens muss er in der Lage sein, die interessantesten potentiellen Übernahmekandidaten und Unternehmen effizient auszuwählen, diese immer noch recht große Anzahl gründlich mehrstufig zu filtern, immer mehr auszusieben und am Ende ein paar Erfolg versprechende Projekte mit hinreichend hoher Abschlusswahrscheinlichkeit herauszupicken. Dann muss er, drittens, eine schonungslose, ergebnisoffene Analyse der Zielunternehmen im Rahmen der Due Diligence leisten können. Man darf nicht der Versuchung unterliegen, sich ein Unternehmen schön zu rechnen, nur um endlich einen Abschluss vorweisen zu können.

Viertens sollte er die ausgewogene Strukturierung der Finanzierung im Blick haben, eine Gratwanderung: Das Risiko, dass ein Unternehmen aufgrund eines Konjunktureinbruchs den Kapitaldienst nicht mehr leisten kann (wie es derzeit leider häufig zu beobachten ist) muss gering gehalten werden und gleichzeitig sollte die rechnerische Rendite auf das investierte Kapital – abhängig von der Ausrichtung des Fonds – mindestens 20 Prozent im Jahr betragen.

Nicht zuletzt braucht er ein Gefühl für Menschen, die richtige Einschätzung der Unternehmerpersönlichkeiten und Manager, mit denen er bei den Portfoliounternehmen zu tun hat. Finanzinvestoren greifen in der Regel nicht in die operative Geschäftsführung ein, sondern verlassen sich darauf, die richtigen Leute als Geschäftsführer in den Portfoliogesellschaften eingestellt zu haben. Entscheidend ist dabei die Fähigkeit, mit diesen Unternehmerpersönlichkeiten ein solches Verhältnis zu entwickeln, dass beide Seiten es als Gewinn ansehen, miteinander zu sprechen und Entscheidungen abzustimmen. Gerade bei Minderheitsbeteiligungen ist diese Form der indirekten Steuerung durch Interessenausgleich eine notwendige, aber kaum erlernbare Kunst.

Und: Es mag keine Fähigkeit sein, aber manchmal ist es trotzdem entscheidend: Das notwendige Glück.

Den 2. Teil lesen Sie hier an dieser Stelle.

(Beitragsbild: Jon Sullivan – CC0 via Link)

2 Kommentare

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  1. […] not least: Teil drei der Reihe über fleißige Bienen und Heuschrecken in der Finanzwelt. Die Teile eins und zwei sind hier […]

  2. […] ist Teil zwei von drei des Textes über Private Equity. Sie finden den ersten Teil hier. Und weiter […]

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