Kreuzfahrtschiff auf dem Ozean

Fax trifft auf KI: Alles in Butter aufm Kutter?

Das Eldorado unerschlossener Kundenpotenziale in der Reisebranche

Seit Jahren ist der Kreuzfahrtmarkt der am schnellsten wachsende Sektor der Reisebranche. Die Ausrichtung auf deutschsprachiges Publikum zahlt sich aus. Zudem haben die großen Reedereien wie Aida und Tui Cruises, die zusammen über zwei Drittel des Markts beherrschen, ein gutes Produkt auf die Beine gestellt. Die Schiffe konnten gar nicht schnell genug gebaut werden und fuhren durchweg sehr gut gefüllt durch die Meere, was den Bilanzen zugutekam. Auch die herben Rückschläge durch die Pandemie scheinen dieses Wachstum nun nicht weiter aufzuhalten: Die Kreuzfahrtbranche nimmt wieder Fahrt auf, und die Zahl der Buchungen steigt.

Also alles in Butter aufm Kutter?

Mitnichten: Denn der Kreuzfahrtmarkt ist anderen Märkten, wie dem Hotel- und Flugmarkt, technologisch weit hinterher. Der Verkauf von Kreuzfahrten online? Sehr unterdurchschnittlich. Transparenz über den Markt? Bei all den ähnlichen Angeboten und zahlreichen Konditionen kaum möglich. Der Einsatz modernster Technologie für ein personalisiertes Kundenerlebnis? Findet an Bord der Schiffe statt, ansonsten eher Fehlanzeige. Der derzeitige Stand? Somit eher Fax statt KI.

Einsatz moderner Technik lohnt sich

Als Kunde möchte ich, dass meine Bedürfnisse kanalübergreifend verzahnt erkannt und berücksichtigt werden. Dies hilft mir, relevanten Content passend auf meine Bedürfnisse zu erhalten. Und damit sind nicht nur die Wünsche und Erwartungen an das Kreuzfahrtschiff gemeint, sondern ganz explizit auch das Erleben vor Ort in den Destinationen. Hier lohnt sich der Einsatz moderner Logiken und Technologien. Diese können dabei helfen, das Reiseerlebnis, welches oftmals schon auf dem viel zu langen Weg zur Buchung der Reise beginnt, weiter zu verbessern. Sind bestimmte Reisen für Kundengruppen relevanter? Was sind die Gemeinsamkeiten der angeschauten Kreuzfahrten? Erkenne ich ein Muster und kann darauf aufbauend bessere Vorschläge generieren?

Information online, Buchung offline

Die meisten Kunden informieren sich im Netz über Reisen und buchen dann zumeist offline. Das liegt einerseits daran, dass das Produkt komplexer ist als etwa ein Flug oder ein Hotel. Andererseits genügen die online zur Verfügung gestellten Information nicht, um die Buchungsquote über das Internet auf ein ansatzweise vergleichbares Niveau wie bei Hotel und Flug zu überführen. Und hier liegt reichlich Potenzial. Reedereien und Online-Reisebüros haben einen großen Kostenapparat für die Callcenter-Einheiten, die sowohl die gerne genommenen Buchungen vornehmen als auch Kundenanfragen beantworten. In einem anderen Markt sagte mir ein Vertreter einer Reederei einst, dass jeder Kunde mindestens ein Mal vor Reisebeginn im Callcenter anruft. Das ist enorm.

KI-Einsatz bietet großes Potenzial

Denn auch wenn die Schiffe voll sind und die Bilanzen, abgesehen von Corona, gut aussehen, sollte der Innovationsstau nicht unbeachtet bleiben. Natürlich sind die Reedereien mit der Wiederaufnahme der Kreuzfahrten gut ausgelastet. Dennoch sollten vorausschauend bereits jetzt die Weichen für die Zukunft gestellt werden. Zu viel Potenzial ist hier noch zu heben. Speziell der Einsatz von KI zur Nutzung der teilweise breit vorliegenden und werthaltigen Daten (Kundenbewertungen, Reisehistorie und Co) bietet sehr viel Potenzial, das Erlebnis für den Kunden zu optimieren und zugleich die Abläufe (Kosten) aufseiten der Reedereien zu optimieren.

Fazit

Eine Webseite, die meine Bedürfnisse berücksichtigt, smart integriert und ansprechend visualisiert ist, gehört ebenso dazu wie ein durch Daten unterstützter Verkaufsprozess, bei dem die Zeit nicht mit Warten auf die Suchergebnisse vergeudet wird, sondern sich mit den Bedürfnissen und passenden Produkten für den Kunden auseinandergesetzt wird. Manuelle Prozesse sollten von smarten Lösungen übernommen werden. Das neue Ufer ist noch ein gutes Stück entfernt, aber es lohnt sich für alle Beteiligten.

Markus Stumpe ist Geschäftsführer und Gründer des Traveltech-Start-ups Cruisewatch aus Hannover, das durch KI-getriebene Produkte die Kreuzfahrtberatung optimiert und unter anderem die erste Prognose von Kreuzfahrtpreisen eingeführt hat.

Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit dem VentureCapital Magazin.