Ruhr Summit 2016

Ruhr Summit 2016 – Recap schizoid

Dies ist nur die halbe Wahrheit.

Der Fortbestand einer Szene und eines Themas besteht aus meiner Sicht darin, von einander zu lernen. Gelerntes sollte aufgenommen, geprüft und Teile davon übernommen werden. Versuchen wir dies also mit diesem Recap mal etwas „bipolar“.
Zweigeteilt, gestört. Wie auch immer.

Wer diesen Text verstehen will, muss beide lesen. Den anderen Text gibt es bei sozialmarketing.de.

Gestern war der erste Ruhr Summit auf Zeche Carl in Essen.

Seit einiger Zeit unterstütze ich das Private Equity Forum NRW im digitalen Bereich. Wir planen gemeinsam Inhalte, gestalten Pläne und halten die Website auf dem aktuellen Stand. Nebenbei lichte ich auch auf Veranstaltungen Menschen der Szene ab, um diese später auf besagter Website zu veröffentlichen. Aber, eigentlich habe ich mit Private Equity Themen bislang überhaupt nichts zu tun. (Wie auch hier bereits mal erwähnt.) Ich komme da nicht her, lerne aber von Veranstaltung zu Veranstaltung dazu. Es gut mit mir meinende Menschen haben mich dort reingebracht.

Auf meiner Visitenkarte steht was mit „Fundraising“ und somit auch auf den Namensschildern der Veranstaltungen, die ich in diesem Zusammenhang besuchen darf. Beim Betrachten von Karte und Schild gibt es stets verständnisvolles Nicken. Denn nahezu jeder kann etwas mit Fundraising anfangen. Ich gehöre also dazu, bin Teil der Szene.

Weit gefehlt. Denn die Fundraising-Szene, aus der ich komme, ist meilenweit vom Fundraising-Verständnis der Private Equity-Szene entfernt. Mein Fundraising ist die Strategie, gemeinnützige Organisationen und Unternehmen der Sozialwirtschaft langfristig auf dem Spendenmarkt zu platzieren. Es geht um die Begeisterung von Menschen, der Veränderung von Organisationsstrukturen und um Neugewinnung sowie Bindung von Spendern. So weit zur Vorrede.

Zeche Carl

Der Ruhr Summit 2016 fand auf Zeche Carl in Essen statt. (Foto: Reclus – CC0 – via Wikimedia Commons)

Cut! Zum eigentlichen Thema

Gestern fand in Essen der 1. Ruhr Summit auf Zeche Carl in Essen statt. Eine Veranstaltung, die Start-Ups und Investoren zusammenbringen sollte, vorzugsweise aus dem schönen Westen Deutschlands. Der obligatorische Pitch war dabei, Investoren Speed-Datings, diverse Bühnen und Workshops und letztendlich auch noch eine Fete. Vor Ort Menschen in Anzügen und Krawatte neben Kaputzenpullis und gebrandete Polo-Shirts mit dem jeweiligen Start-Up Logo. Eigentlich eine klassische Veranstaltungsform.

An den #RS2016 angedockt war der Impact Summit, der mit einer eigenen Bühne Speaker Beiträge über das gute Unternehmertum der Zukunft entlockte. Till Behnke, Gründer von betterplace und nebenan.de erklärte die aus seiner Sicht wichtigen und entscheidenden Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Nonprofit- und For-Profit-Unternehmen. Beides habe eben seine Vor- und Nachteile. Und beide Unternehmen lösen gesellschaftliche Probleme. betterplace ist gemeinnützig, nebenan.de nicht.

Er stellte sich die Frage, die einen Fundraiser meiner Art nicht weiter emotionalisiert: „Sind die besten NORMALEN Startups nicht die, die sowieso Impact machen und an gesellschaftlichen Problemen arbeiten?“ Darüber hinaus: Soziales Unternehmertum drehe sich viel zu sehr um sich selbst, und das müsse aufhören.

Den Gedanken, dass die gesamte Investorenschaft und auch Start-Ups grundsätzlich über echte Nachhaltigkeit jenseits von grünwaschenden Feigenblättern nachdenken müssen, unterstrichen Trivago-Gründer Rolf Schrömgens und Sven-Oliver Pink von Ergobag. Gerade letztes Unternehmen löst durch die Herstellung von Millionen Rucksäcken aus recyceltem PET ein Umweltproblem. Durch die faire Produktion in Vietnam (!) dies auch nicht nur vor Ort, sondern mit globalpolitischem Anspruch. Und diese Gedanken haben nichts mit sozialromantischen Vorstellungen der Weltrettung zu tun, sondern sind gut durchdachtes und profitorientiertes Geschäftsmodell, das eben beide Seiten beeinflusst.

Till Behnke

Till Behnke von nebenan.de über das Sozialunternehmertum an sich

Die Mitarbeitenden bei Trivago haben die Möglichkeit, jährlich über die gemeinnützige Verteilung von 1% des Unternehmensgewinns demokratisch abzustimmen. Durch ein Mitarbeiter-Voting werden Vereine, Stiftungen und Institutionen begünstigt, die den Mitarbeitenden am Herzen liegen. (Merkposten für’s Fundraising: Man sollte einen Trivago-Mitarbeiter kennen ;-).)

Die Tengelmann Gruppe scheint dies auch begriffen zu haben und investiert über die Tengelmann Ventures eigenes Geld der Unternehmerfamilie in Impact-Unternehmen. Der Anspruch dabei liegt im Willen einer grundsätzlichen Investition sowie der Blick auf die Gesamtidee des Start-Ups. Ansatz: Impact und Return sind idealerweise ausgeglichen. Niemand will Geld verlieren, besser natürlich auch etwas verdienen. Aber der Impact der Unternehmung steht an erster Stelle.

Es gibt keine strikte Trennung mehr.

Somit also der Appell, Nachhaltigkeit, Impact und Verantwortung nicht bloß zu belächeln. Wie oben schon erwähnt, ich kenne mich in der Finanzierungsszene nicht aus, aber ich beobachte Menschen dort. Daher bin ich bin fest davon überzeugt, wenn Impact orientierte Unternehmen in Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnen werden, sich auch in der Private-Equity- und Venture-Szene Köpfe öffnen müssen. Sowohl Nachhaltigkeit als auch Gemeinnützigkeit sind keine abzulehnenden Romantikbegriffe, wie sie es vielleicht in den 90er Jahren noch waren.

(Sozial-)Unternehmern von heute ist es teilweise egal, ob das Vorhaben nun gemeinnützig ist, oder nicht. Nicht die Unternehmensform steht für die Idee, sondern die Menschen, das Produkt und natürlich die Umsetzungsfähigkeit. Alle Start-Up Ideen sollten Impact-Ansätze besitzen. Impact wird normal.

„Mein“ Fundraising ist ebenfalls ein knallhartes Geschäft um die Gunst von Menschen unter der Berücksichtigung besonders ethischer und langfristiger Maßstäbe. Ich möchte ermutigen: Womöglich bieten Einblicke in das Sozialunternehmertum sowie die Sozialwirtschaft (jenseits von gut gemeinten Mitarbeiter-Aktionstagen zum Anstreichen eines Kindergartens) doch mehr Chancen hinsichtlich nachhaltigem Erfolg als gedacht.

Die drei Szenen (Fundraising – Investoren – Sozialunternehmer) können von einander lernen. Und dies war auch das eingehende Fazit der beiden auf den ersten Blick völlig unterschiedlich erscheinenden Säulen des Ruhr Summits 2016.

Und sonst?

Die Location lässt das Ruhri-Herz aufgehen. Zeche Carl geht immer. 30 Minuten Verspätung zum Start gehen gar nicht, und auch isländische Uh-Rufe zu Beginn sind eher Face-Palm verdächtig als motivierend. Sei es drum. Wir hier vor Ort hätten gerne mehr solcher Veranstaltungen.

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